Robert Brandy
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TEXT: GABRIELLE SEIL
Andere wären gewiss entsetzt, stellte man ihre Kellerregale mit alten Ölkanistern voll. Nicht so Robert Brandy. Beinahe zärtlich wandert sein Blick über die aufeinander gestapelten bunten Blechbehälter aus vergangenen Zeiten. «Mobiloil». «Aeroshell». «Rotella Oil». Ein wahres Kunstwerk. «Haut fënnt ee bal näischt méi», erzählt der Künstler etwas traurig. Außer im Internet. Bei «e-bay» und anderen Anbietern. Doch das sei nicht dasselbe.
Seit Jahren sammelt der Luxemburger Maler nicht nur diese selten gewordenen Objekte autoleidenschaftlicher Begierde, sondern auch Modellautos und Emailschilder, ausgediente Zündkerzen und Kladden. Letztere verarbeitet er allerdings in seiner Malerei. «Zënter 1975 gët et kee Bild ouni Schrëftzeechen.» Neu ist indessen die «Zitrone», die in verschiedenen Farben immer wieder auftaucht und auf eine Eisenschablone zurückzuführen ist, die in der alten Schlosserei vergessen wurde, in der Robert Brandy vor zwei Jahren sein Atelier eingerichtet hat. Ein Traumort. Architektonisch sei alles nach der «goldenen Regel» konzipiert worden. Und folglich müsse er sich in den Räumen wohl fühlen, meinte ihr vorheriger Besitzer. Tut der Künstler auch. Vor allem wegen der Helligkeit. Häufig kommt es sogar vor, dass er es sich in einem der Sessel bequem macht und nichts tut. Seinen Gedanken nachhängt. Vor sich hinträumt oder ein Buch liest.
DER DRANG jeden Tag zu arbeiten, ist dennoch sehr stark. Länger als zehn Tage Urlaub macht Robert Brandy so gut wie nie. «Ech géif dat net aushalen.» Von morgens halb neun bis in den späten Nachmittag ist er in seiner geräumigen Werkstatt beschäftigt. Mit Malen. Mit dem Mischen seiner Farben. Mit dem Anfertigen von Büchern. «A wann ech mat menger Aarbecht zefridde sinn, dierf ech duerno och u mengen Autoe schaffen.» Als Belohnung sozusagen. Robert Brandy braucht diesen selbst auferlegten Arbeitsrhythmus. So wie er ebenfalls nicht ohne eine bestimmte Ordnung in seinem Chaos leben könnte.
Jedes Bild wird fotografiert und dokumentiert. «An ech weess ganz genee, wou wat steet.» Die Bleistifte liegen fein säuberlich nebeneinander in einem gesonderten Fach. Die kleinen gelben Eimer mit den Farbpigmenten, die u. a. mit Knochenleim und Kreide vermischt werden, stehen übersichtlich auf der Werkbank. Die Modellautos «parken» in Vitrinen. Die Austin Healeys sind blitzblank. An dem grünen «Sprite Mk1» mit den lustigen Froschaugen hängt Robert Brandy am meisten. «Et war mäin éischten Auto.» Später sind ein Cabrio und ein Coupé sowie zwei «Reliant Sabre Six» aus den 60er Jahren hinzugekommen. Eines in Grau, das andere in Blau. Über seine Sammlerleidenschaft spricht der Künstler eigentlich genauso gern wie über seine Malerei. Beides sei nicht mehr voneinander zu trennen. Nicht im Atelier und auch nicht in seinem Leben. Dabei ist Robert Brandy nicht nur von dem Fahrverhalten derWagen begeistert, sondern vor allem von deren klassischer Schlichtheit. Den fließenden Linien. Dem spezifischen* «Charakter» der Fahrzeuge.
DIE MENSCHEN haben ihn stets weniger interessiert. Jedenfalls nicht als darzustellende Form. Die Natur sei ihm wichtiger. Daher arbeitet er auch fast ausschließlich mit Naturprodukten. Die Technik bezeichnet er als das wichtigste Element in seiner Malerei. Die Spielerei mit verschiedenen Materialien und Techniken. Seine rezenten Gemälde sind weitaus farbiger und wirken strukturierter. Nach Plan sind sie nicht entstanden, denn Robert Brandy ist ein impulsiver Künstler. Und ein sehr emotionaler Mensch. Über einen Anruf aus Alaska und die Nachfrage nach einem bestimmten Bild freut er sich genauso wie über die zufällige Begegnung mit einem seiner Werke. «D'lescht hunn ech en Tableau vu mir an enger Bank op der Gare gesinn hänken an hu mech doheem gläich op d'Sich no engem anere Bild aus där Serie gemaach.»
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«Wann ich mat menger Aarbecht zefridde sin, dierf ech duerno och un mengen Autoe schaffen» |
DIE STIMMUNG, in der er sich während der Arbeit an einem Bild befand, hat er noch nach Jahren in Erinnerung. «Wann et mir schlecht geet, molen ech am intensivsten.» Von wenigen Ausnahmen abgesehen, tragen Brandys Werke englische Titel: «... and Céäzanne still in mind», «The proud man», «just painting». Weil die englische Sprache direkter ist als andere Sprachen. Weil sie unpoetischer klingt, «a well et och wichteg ass, wéi et geschriwwen ass». Das Graphische spielt demnach keine unwesentliche Rolle. Bei den Autos ist es das schlichte Design.
Zwei Welten: Die Malerei versteht er als seinen Beruf, das Werkeln
an den Austin Healeys als sein Hobby. Beide Leidenschaften sind
jedoch untrennbar miteinander verbunden.
Würde er noch einmal geboren werden, würde er Automechaniker werden wollen. Wie vielleicht sein Sohn Kevin, der sich von Brandys Leidenschaft für Modellautos hat anstecken lassen und nicht zögert, sein gesamtes Urlaubsgeld für die Nachbildung eines Klassikers auszugeben. Tochter Maureen hilft indessen ihrem Vater bei der Katalogisierung seiner Werke. Worüber der Künstler sehr glücklich ist. Immerhin entstehen jährlich rund 200 Bilder.
Dass Brandy diesmal nicht wie gewohnt in der Galerie «La Cité» ausstellt, hat lediglich damit zu tun, dass die Räumlichkeiten dieser Kunstgalerie für die großformatigen Bilder des Künstlers zu klein geworden sind. Im Casino 2000 und in Zusammenarbeit mit dem «Kiwanis Club» zeigt «Malerei von 1989 bis heute» an die 40 Arbeiten aus den letzten 15 Jahren sowie einige noch nie in Luxemburg präsentierte Werke. Von denen auch etliche unverkäuflich sind. «Vu verschiddene Biller kann ech mech einfach net trennen.»